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Vorsorge und Absicherung

Aufgedeckt: Diese Mythen über Gesundheitsfragen könnten Ihre Versicherungsleistungen gefährden!

Lesezeit:
11
min
3.9.2023

Zusammenfassung

Wenn Sie auf der Suche nach einer privaten Einkommensabsicherung (BU), Krankenversicherung oder Risikolebensversicherung sind, werden Sie früher oder später an den Gesundheitsfragen nicht vorbeikommen. Weil wir in unserem Berufsalltag häufig mitbekommen, dass die Gesundheitsfragen und ihre Bedeutung nicht so ernst genommen werden, möchten wir Sie für dieses Thema sensibilisieren. In diesem Artikel erfahren Sie drei Mythen, die bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen immer wieder auftauchen. Außerdem zeigen wir Ihnen die Konsequenzen einer falschen Beantwortung auf und erläutern die rechtlichen Folgen. Abschließend stellen wir Ihnen eine vereinfachte Übersicht zur Verfügung.

  • Bevor Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung, eine Krankenversicherung oder eine Risikolebensversicherung abschließen können, müssen Sie Gesundheitsfragen im Antrag beantworten.
  • Der Paragraph 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) regelt die Rechte und Pflichten von Kunde und Versicherer.
  • Werden die Gesundheitsfragen nur halbherzig oder gar falsch beantwortet, kann der Versicherer die Leistung verweigern.

3 Mythen um die Gesundheitsfragen

Mythos I

"Wenn der Versicherer meinen Antrag annimmt, dann kann mir nichts mehr passieren."

Das ist nicht der Fall. Der Versicherer prüft im Antragsverfahren nicht, ob Sie alle Gesundheitsfragen korrekt beantwortet haben. Er prüft lediglich die mit JA beantworteten Fragen und fordert hierzu eventuell Arztberichte an. Damit kalkuliert der Versicherer das Risiko, um Sie zu versichern. Haben Sie im Antrag Fragen verneint, prüft der Versicherer hier jedoch nicht weiter nach. Kommt es aber zu einem Leistungsfall, hat der Versicherer laut Versicherungsvertragsgesetz verschiedene Rechte. Er wird von seinen Rechten auf Rücktritt, Anfechtung, Kündigung oder Vertragsänderung Gebrauch machen und spätestens dann werden Ihre Angaben vor Vertragsabschluss genauestens geprüft.

Mehr als 20 Prozent der abgelehnten Anträge auf Berufsunfähigkeitsrente werden nicht genehmigt, da der Versicherer den Vertrag anfechtet oder vom Versicherungsvertrag zurücktritt.

Mythos II

„Ich muss meine gesamten Patientenakte bei der Krankenkasse einholen“

Nein Sie müssen definitiv nicht Ihre gesamte Patientenakte einholen. Seit Kurzem verbreiten viele Berater den Mythos, dass Sie am besten immer über jede abgerechnete Diagnose Bescheid wissen müssen.

Das ist allerdings nicht richtig. Der §19 VVG regelt eindeutig, was Sie angeben müssen. Sie müssen lediglich „die Ihnen bekannten Gefahrenumstände“ angeben, „nach denen der Versicherer in Textform“ fragt. Sobald Sie sich die Patientenakte für einen bestimmten Zeitraum zusenden lassen, haben Sie auch Kenntnis von allen anderen Diagnosen, die Ihr Arzt aufgeschrieben hat. Und somit verbauen Sie sich unter Umständen ohne Grund den Zugang zu Ihrer Existenzabsicherung.

Paragraph 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

Einzige Ausnahme: Antrag auf Private Krankenversicherung

Bei einem Antrag auf Private Krankenversicherung hingegen empfehlen wir Ihnen immer die Unterlagen einzuholen. Denn bei der Krankenversicherung fragt der Versicherer nach allen ambulanten Behandlungen in den mindestens letzten drei Jahren, somit müssen auch alle Erkrankungen und Behandlungen angegeben werden.

Die Anforderung der Patientenakte kann Sinn machen, muss es aber nicht pauschal. Es kommt eben darauf an, welchen Versicherungsschutz Sie beantragen und wie häufig Ihre bisherigen Besuche beim Arzt waren.

Sie müssen auf jeden Fall all das angeben, wonach Sie der Versicherer fragt. Hierbei sollten Sie gewissenhaft und sorgfältig vorgehen. Wir helfen Ihnen mit gezielten Detailfragen sich auch an die Erkrankungen zu erinnern, an die Sie nicht sofort denken.

Mythos III

"Das kann der Versicherer nicht erfahren, zu dem Arzt gehe ich nicht mehr"

Der Versicherer kann bei der Prüfung im Leistungsfall sehr erfinderisch werden. Er fordert zum Beispiel bei der Krankenkasse Ihre Krankenakte an. In der Krankenakte sind auch vergangene Arztbesuche dokumentiert. Die Ärzte könnten vom Versicherer befragt werden.  Auch bei PKV-Patienten können die Ärzte oder der Krankenversicherer zu Rate gezogen werden. Wenn Sie mit einer Diagnose nicht zufrieden sind und deswegen den Arzt wechseln, sollten Sie vor Antragsstellung mit dem Arzt ins Gespräch kommen oder eine Zweitmeinung dokumentieren lassen.

Vorsicht als Privatversicherter: Da Sie als Privatpatient die Rechnung für Ihre Behandlungen immer vom Arzt erhalten, haben Sie auch von jeder Diagnose Kenntnis. Sie müssen somit alle Erkrankungen angeben, die der Versicherer abfragt.

Was versteht man unter "Anzeigepflicht"?

Sie sind rechtlich verpflichtet alle Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten, die der Versicherer Ihnen bis zur Annahme des Vertrages stellt. Auf diese Fragen müssen Sie außerdem nur die Ihnen bekannten Gefahrumstände angeben.

Sie müssen allerdings nur das angeben, wonach der Versicherer Sie ausdrücklich in Textform fragt. Hat zum Beispiel der Berufsunfähigkeitsversicherer nicht gefragt, ob Sie Raucher sind, müssen Sie das auch nicht angeben. Hieraus können sich für Sie keine weiteren Folgen ergeben. Eine Anzeigepflichtverletzung liegt nur vor, wenn erfragte Umstände verschwiegen oder unwahr angegeben wurden.

Was versteht man unter "Verletzung der Vorvertraglichen Anzeigepflicht"?

Wenn Sie eine Vorsorge-Versicherung wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung, eine Private Krankenversicherung oder eine Risikolebensversicherung abschließen, gehen Sie davon aus, dass Sie durch diese im Krankheitsfall gut abgesichert sind. Anders sieht es aus, wenn Ihr Versicherer nicht im vollen Umfang leistet, weil er sich darauf beruft, Sie hätten seine vorvertraglichen Anzeigepflichten verletzt. Die Praxis zeigt, dass bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen häufig Fehler unterlaufen. So ist es nicht empfehlenswert, dass Sie sich bei der Beantwortung der Fragen ausschließlich auf Ihre Erinnerung verlassen. Besser ist es, wenn Sie stets Ihre ärztlichen Unterlagen wie zum Beispiel Krankenhausberichte, Gutachten, Befunde und ambulante Eingriffe zu Rate zu ziehen. Schummeln ist nebenbei immer eine unkluge Idee und führt erfahrungsgemäß immer zu schwerwiegenden Konsequenzen bis hin zur Kündigung.

Welche Konsequenzen hat eine Anzeigepflichtverletzung?

Die Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung können unterschiedlich sein. So räumt der Gesetzgeber dem Versicherer verschiedene Rechte bis zur Vertragsaufhebung und Leistungsfreiheit ein. Die bis dahin bezahlten Beiträge müssen darüber hinaus vom Versicherer nicht zurückgezahlt werden.

Anfechtung wegen "Arglistiger Täuschung"

"Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durcharglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten."

§ 123 Abs. 1 BGB

Haben Sie den Versicherer bei Abschluss des Vertrages arglistig getäuscht, kann der Versicherer von seinem Recht auf Anfechtung nach § 22 VVG und dem § 123 Abs 1. BGB Gebrauch machen. Allerdings beinhaltet Arglist noch mehr Voraussetzungen, als der Vorsatz und ist daher besonders schwer nachweisbar. Die Beweislast liegt hier zudem beim Versicherer. Somit spielt die Anfechtung in der Praxis keine große Rolle. Der Versicherer muss Ihnen nachweisen, dass Sie ihn bewusst getäuscht haben.

Eine Vertragsanfechtung ist vom Versicherer innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt zu erklären, an dem der Versicherer die Täuschung bemerkt hat. Mit einer Anfechtung wird der Vertrag nichtig und der Versicherer ist leistungsfrei. Es gibt keinerlei Ausnahmen. Der Beitrag steht dem Versicherer dennoch bis zum Wirksamwerden der Anfechtungserklärung zu (§ 39 Ab. 1 VVG).

Rücktritt vom Vertrag

"Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten. Der Rücktritt ist innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt zu erklären, an dem der Versicherer von der Verletzung der Anzeigepflicht erfahren hat. Der Beitrag steht dem Versicherer dennoch bis zum Wirksamwerden der Rücktrittserklärung zu (§ 39 Ab. 1 VVG).“

§ 19 Abs. 2 VVG

Macht der Versicherer von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch, wird der Vertrag rückabgewickelt. Bezüglich der Leistungspflicht gibt es allerdings ein paar Ausnahmen. Der Versicherer ist nicht automatisch leistungsfrei.

Haben Sie bei Abschluss des Vertrages vorsätzlich oder grob fahrlässig gelogen oder etwas verschwiegen, nach dem Sie gefragt wurden, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten. Beim Rücktrittsrecht muss der Versicherer nicht zwingend Vorsatz nachweisen. Es reicht auch, wenn er beweisen kann, dass Sie grob fahrlässig gehandelt haben. Das wäre schon der Fall, wenn Sie ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt haben, die jedem in der Situation eingeleuchtet hätten.

Ausnahme: Der Versicherer hat Leistungspflicht trotz erklärtem Rücktritt

§ 21 Abs. 2 VVG

"Im Fall eines Rücktrittes nach § 19 Abs. 2 nach Eintritt des Versicherungsfalles ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, es sei denn, die Verletzung der Anzeigepflicht bezieht sich auf einen Umstand, der weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Hat der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht arglistig verletzt, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet."

Wenn Sie die Anzeigepflicht arglistig verletzt haben, spielt auch diese Ausnahmen keine Rolle.  Der Versicherer kann den Vertrag anfechten und ist nicht zur Leistung verpflichtet.  

Wenn Ihnen der Versicherer aber den Rücktritt erklärt, ist er unter Umständen weiterhin zur Leistung verpflichtet. Hier geht es um die Kausalität. Ist der nicht richtig angegebene Umstand weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich, muss der Versicherer zahlen. Haben Sie zum Beispiel eine psychische Erkrankung im Antrag grob fahrlässig nicht angegeben und werden wegen der Folgen daraus berufsunfähig, besteht eindeutig eine Kausalität. In dem Fall hat der Versicherer ein Rücktrittsrecht und ist leistungsfrei. Werden Sie aber nicht wegen der psychischen Erkrankung berufsunfähig, sondern weil Ihnen einen schweren Unfall oder eine Krebserkrankung haben, besteht zu der psychischen Krankheit von damals keine Kausalität. Der Versicherer ist dann, trotz Rücktritts, leistungspflichtig für diesen Versicherungsfall.

Den Nachweis hierfür müssen Sie führen und den sogenannten „Kausalitätsgegenbeweis“ erbringen.

Kündigung wegen (grob) fahrlässiger Anzeigepflichtverletzung

§ 19 Abs. 3 VVG

"Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen"

Haben Sie bei den Gesundheitsfragen lediglich einfach fahrlässig etwas verschwiegen oder die Anzeigepflichtverletzung gar nicht zu vertreten, hat der Versicherer kein Rücktrittsrecht. Hier trifft aber Sie die Beweislast. Sie müssen nachweisen, dass Sie weder arglistig noch vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben. Gelingt Ihnen das, kann der Versicherer nicht von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Aber er kann den Vertrag unter Umständen kündigen.

Die Kündigung ist innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt zu erklären, ab dem der Versicherer von der Verletzung der Anzeigepflicht erfahren hat. Macht der Versicherer von einem Kündigungsrecht Gebrauch, wird der Vertrag für die Zukunft aufgehoben. Für die Vergangenheit bleibt das Vertragsverhältnis bestehen.

Ausnahme: Keine Kündigung und kein Rücktrittrecht des Versicherers

§ 19 Abs. 4 VVG

"Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil."

Wenn Sie die Anzeigepflicht vorsätzlich oder arglistig verletzt haben, spielt diese Ausnahmen keine Rolle.  Der Versicherer kann vom Vertrag zurücktreten oder den Vertrag anfechten. In allen anderen Fällen - etwa bei grober oder einfacher fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht - hat der Versicherer kein Rücktritts- und Kündigungsrecht, wenn er den Antrag auch mit Kenntnis, der nicht angegebenen Diagnose angenommen hätte.

Hier trifft die Beweislast allerdings wieder Sie. Haben Sie nur einen Schnupfen oder eine einmalige Magen-Darm Grippe verschwiegen und können nachweisen, dass der Versicherer den Antrag auch mit Kenntnis der Erkrankung zu normalen Bedingungen angenommen hätte, kann der Versicherer weder kündigen, noch zurücktreten. Er muss den Vertrag vielmehr zu gleichen Bedingungen weiterführen. Können Sie nachweisen, dass die verschwiegene Diagnose lediglich zu einem Ausschluss oder einem Risikozuschlag geführt hätte, darf der Versicherer den Vertrag dementsprechend anpassen. Haben Sie eine einfache oder grob fahrlässige Anzeigepflichtverletzung begangen, wird die Vertragsänderung rückwirkend zum Vertragsbestandteil. Hatten Sie die Anzeigepflichtverletzung gar nicht zu vertreten, wird die Vertragsänderung zur nächsten Vertragsperiode wirksam. Auch hier sind Sie in der Beweispflicht.

Praktische Erfahrungen von hilfesuchenden Kunden

In diesem Fall wurde von der Kundin vergessen anzugeben, dass die Zähne 15 und 16 vor Antragsstellung behandelt wurden und eine Erkrankung vorlag. Der Versicherer schließt die Zähne rückwirkend aus und erstattet die eingereichten Rechnungen zu diesen Zähne nicht mehr, sowie zukünftige Rechnungen, welche die beiden Zähne betreffen.

Leistungsausschluss Zahn 15 und 16

In diesem Beispiel hatte die Kundin noch Glück, da der Versicherer hier nur eine kleine Anpassung vorgenommen hat.

Im folgenden Beispiel wurde der Kundin wegen fehlender Angaben zu Behandlungen aufgrund psychischer Probleme der Vertrag gekündigt.

Vertragskündigung aufgrund Psyche

Fazit

Es ist wichtig, dass Sie sich bei Berufsunfähigkeitsversicherungen oder Krankenversicherungen genau an die Gesundheitsfragen halten. Seien Sie ehrlich und vermeiden Sie es, irgendetwas zu verschweigen. Wenn Sie falsche oder unvollständige Angaben machen, können diese zu schwerwiegenden finanziellen Konsequenzen führen. Machen Sie also Ihre Hausaufgaben, investieren Sie die notwendige Zeit und holen Sie sich professionelle Unterstützung beim Abschluss einer solchen Versicherung. Dann können Sie sicher sein, dass Sie richtig versichert sind. Lesen Sie auch weiterhin unsere Blogbeiträge, um mehr über Versicherungen, Leistungen und andere spannende Themen zu erfahren!

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Kevin Döllinger
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